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Feminismus

Globale feministische Kämpfe, Gender-War und Solidarität 

Feministische Kämpfe weltweit

Oft begegnet uns gerade hierzulande die Frage: Brauchen wir Feminismus noch?

Doch ein Blick über den eigenen Tellerrand offenbart schnell, dass feministische Kämpfe weltweit, wenn auch sehr unterschiedlich, stattfinden. So 

Fokussiert sich der Feminismus in Europa wie bei uns in Deutschland oder Frankreich auf Aspekte der rechtlichen Gleichstellung, Gleichberechtigung am Arbeitsplatz, auf unbezahlte Care-Arbeit, die Freiheit des eigenen Körpers oder Alltagssexismus. Wohingegen in anderen Teilen der Welt es um ganz grundlegende Dinge wie Zugänge zu medizinischer Versorgung, Bildung oder die Prävention von Gewalt gegen Frauen geht.

Im Nahen Osten kämpfen Frauen für grundlegende Menschenrechte und gegen patriarchale Strukturen in ihrer Gesellschaft. Dieser Kampf passiert unter äußerst gefährlichen Bedingungen für die Frauen. 

In Afrika kämpfen Feminist*innen gegen patriarchale Gewalt, wie z.B. weibliche Genitalverstümmelung und für Bildungszugänge für Frauen. Oft sind hier die feministischen Herausforderungen verknüpft mit sozialer und wirtschaftlicher Herausforderung.

In Ostasien sind Themen wie sexuelle Belästigung und digitale Gewalt durch Überwachungskameras (Vgl. „Molka“ in Südkorea) sowie Gleichberechtigung am Arbeitsplatz (Vgl. #KuToo movement in Japan) immer wieder relevante Themen der feministischen Bewegungen.

Zwar sind die schlussendlichen Ziele von feministischen Kämpfen weltweit im Kern gleich, so müssen wir dennoch anerkennen, dass feministische Kämpfe weltweit existieren, aber in ihrer Ausprägung deutlich voneinander zu unterscheiden sind. Je nach kulturellem oder sozialem Hintergrund nehmen feministische Bewegungen andere Formen an. Gerade hier ist eine intersektionale Perspektive besonders wichtig.

Der Gender-War in den USA

Im Jahr 2024 sehen wir immer noch oder geradezu wieder, wie Sexismus und auch Rassismus im politischen Feld salonfähig gemacht werden. Der aktuelle Wahlkampf in den USA strotzt seitens Trump gegen Harris nur so von Sexismus und Rassismus. Harris sei „zu laut“, „zu unqualifiziert“, ihr Lachen sei „schrecklich“, ihre Herkunft oder ihre frühere berufliche Laufbahn werden abgewertet und ihre Unterstützung für Frauen- und LGBTQ+-Rechte problematisiert. Solche diffamierenden Aussagen dienen dazu, sie als ungeeignet darzustellen und bedienen sich gleichzeitig tief verankerten stereotypischen Vorurteilen. Ihre männlichen Vorgänger waren dieser Form von Diskriminierung nicht ausgesetzt.

Die Polarisierung dieser Themen wird oft unter den Begriff Gender-War gesteckt. Seit geraumer Zeit sind das Hetzen gegen Themen wie reproduktive Rechte (vor allem Abtreibungen), geschlechtsangleichende Operationen oder die reine Existenz von Transpersonen sowie LGBTQ+-Rechte von rechten Politiker*innen vereinnahmt worden. Sie streuen das Narrativ einer aufkommenden Gefahr für die klassische Familie sowie einer Bedrohung für die Mehrheitsgesellschaft, durch eine Kultur der Akzeptanz aller. Dieser gefährliche Trend hat sich leider auch längst bei uns in Deutschland etabliert. Im aktuellen US-Wahlkampf wird die demokratische Kandidatin Kamala Harris immer öfter Angriffen auf Meinungen aus diesem Themenkomplex ausgesetzt. Die Republikaner nutzen ihre Ansichten, um sie in ihren Wahlkampfveranstaltungen als verrückt oder zu radikal zu inszenieren. Sie inszenieren sich dagegen als die Retter*innen der heteronormativen, konservativen klassischen Familie. 

Social-Media gilt auch hier geradezu wie ein Katalysator für diese Debatten. In Echtzeit treffen dort unterschiedliche Meinungen aufeinander. Antifeministen verbreiten ihre Ansichten zu tausenden und Rechte twittern mit. Dies bietet den Nährboden für feministische Gegenbewegungen wie den Männerrechtsaktivismus. 

Es ist wichtig hervorzuheben, welche zentrale Rolle religiöse Gruppierungen in den USA spielen und wie stark sie auch zur politischen Polarisierung beitragen. Besonders evangelikale Christ*innen gelten als größte Unterstützer*innen der Republikanischen Partei. Sie stellen sich öffentlichkeitswirksam hin und kritisieren die Geschlechterautonomie oder das Recht auf Abtreibung. Frauen werden in dessen Weltbild immer noch geradezu als Eigentum des Mannes betrachtet. Das konservative Familienbild und die Werte müssen intellektuell als auch physisch reproduziert werden. Letztendlich geht es hier wie so oft um Macht. Macht, die Frauen entmündigen soll und uns wieder in Rollen drängen, gegen die wir seit Jahrhunderten ankämpfen.

Der Kampf um Geschlechtergerechtigkeit hat sich in den letzten Jahren weltweit um einiges verschärft und ist zum Spielball für den harten politischen Kampf geworden. Nicht zuletzt ist dies Resultat von einer Gesellschaft, die immer mehr nach Rechts driftet. 

Intersektionaler Feminismus und warum wir ihn brauchen

Die amerikanische Rechtsprofessorin Kimberlé Crenshaw prägte den Begriff des intersektionalen Feminismus, welcher sich spezifisch mit dem Aufkommen von Mehrfachdiskriminierung befasst.

Von intersektionalem Feminismus ist dann die Rede, wenn es um das Erfahren mehrerer Formen von Diskriminierung gleichzeitig geht. 

Die Diskriminierung passiert nicht bloß aufgrund des Geschlechts, sondern eben auch aufgrund von Merkmalen wie Ethnie, Sexualität oder sozialem Status. 

So passiert vielen Frauen eine gemischte Form der Diskriminierung. 

Beispielsweise erleben Schwarze Frauen sowohl Sexismus als auch Rassismus, oder eine asiatische queere Frau Sexismus, Rassismus und Queerfeindlichkeit zugleich.

Aus diesem Spannfeld der Mehrfachdiskriminierung entwickelten sich historische feministische Bewegungen wie der Schwarze Feminismus in den USA. Der Schwarze Feminismus in den USA, der in den 1850er Jahren deutlich geprägt wurde von Sojourner Truth, einer befreiten Sklavin und Menschenrechtsaktivistin. Sie betonte, dass auch Schwarze Frauen, Frauen sind – die gleiche Rechte verdienen. 

Auch gibt es feministische Bewegungen von indigenen Frauen in den USA und Kanada, die sich für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen unter der Betonung ihrer kulturellen Identität und den Herausforderungen, vor denen sie als Indigene Frauen stehen. All dies sind intersektionale feministische Bewegungen, die sich dem Spannfeld von Mehrfachdiskriminierung und unterschiedlichen kulturellen Rahmen widmen. 

Vor allem die Lebensumstände von Frauen spielen hier eine Rolle. So sind Frauen, welche in prekären Umständen leben und arbeiten, häufiger auch sozialer Diskriminierung ausgesetzt.

Diskriminierung aufgrund des Geschlechts passiert oft in Verbindungen mit anderen Formen von Unterdrückung – sprich es gibt nicht nur eine Ungleichheit, sondern mehrere Ungleichheiten können dieselbe Person treffen.

Intersektionaler Feminismus ist wichtig – und in einer global vernetzten Welt wichtiger denn je, zu berücksichtigen. Er existiert um sicherzustellen, dass sich alle Frauen gehört und einbezogen fühlen und Feminismus nicht nur das Spielfeld von privilegierten Gruppen ist. Denn der Kampf um Geschlechtergerechtigkeit geht nur gemeinsam und mit allen.

Globaler Kampf und internationale Solidarität

Schlussendlich wird deutlich: Feministische Kämpfe gehen uns alle etwas an.

Die verschiedenen feministischen Bewegungen auf der ganzen Welt sind Ausdruck des gemeinsamen Strebens, patriarchale Machtstrukturen, die überwiegend Frauen, aber auch Männer benachteiligen, zu überwinden.

Durch das Netz der internationalen Solidarität und indem wir uns feministische Kämpfe weltweit anschauen, stellen wir nicht nur fest, dass der feministische Kampf noch lange nicht abgeschlossen ist, sondern können auch von und miteinander lernen.

Als internationalistischer und feministischer Richtungsverband machen wir es uns zur Aufgabe, feministische Kämpfe weltweit zu unterstützen und genau hinzuschauen, wenn Ungerechtigkeiten passieren.

In Zeiten, in denen weltweit der Populismus erstarkt, ist es umso wichtiger, globale Stimmen zu stärken. Der gemeinsame Weg ist ein Schritt weiter zum Ziel unserer gemeinsamen Zukunftsvision: Eine Gesellschaft der Freien und Gleichen.

Gleichberechtigung von Frauen, ein universelles Grundrecht, welches wir gemeinsam erreichen wollen als etwas, was nicht nur niedergeschrieben ist, sondern auch gelebt werden soll.